NIO verweigert Hilfe für bedrohten Gerard Rice

Steven McCaffery, 9. Nov 1999, Irish News (Übersetzung: Uschi Grandel)

Bürgerproteste gegen umstrittene Oraniermärsche
Gerard Rice (links) organisiert Bürgerproteste gegen umstrittene Oraniermärsche (An Phoblacht, 12. Aug. 1999)

Ein führendes Mitglied einer Anwohnerinitiative eines irisch-nationalistischen Viertels wurde informiert, dass sein Name auf der schwarzen Liste einer loyalistischen Terrorgruppe steht – vier Tage, nachdem das NIO (die für Nordirland zuständige britische Behörde) es abgeleht hat, ihn in ein Schutzprogramm für gefährdete Personen zu übernehmen.

Persönliche Daten des Sprechers der Anwohnergruppe Gerard Rice waren unter den 300  offiziellen Akten der Sicherheitskräfte, die in der Halle des Oranierordens in Stoneyford in der Grafschaft Antrim gefunden wurden. Der Fund – der umfangreichste seiner Art, der während der letzten 30 Jahre entdeckt wurde – hat Vermutungen um die  Zusammenarbeit von Sicherheitskräften und loyalistischen Terrorgruppen  neue Nahrung gegeben. Die persönlichen Daten dreier prominenter Sinn Fein Mitglieder befinden sich in den Akten. Ein Brandanschlag in Belfast konnte mit dem Fund in Verbindung gebracht werden.

Gerard Rice berichtet, die nordirische Polizei RUC habe seine Familie am Samstag zum ersten Mal kontaktiert, um auf eine mögliche Bedrohung seines Lebens hinzuweisen. Am Dienstag vergangener Woche hat der Sicherheitsminister des NIO, Adam Ingram, den Antrag Gerard Rice’s abgelehnt, in das Personenschutzprogramm aufgenommen zu werden. Als Grund der Ablehnung, die Wohnung von Gerard Rice in das Sicherheitsprogramm aufzunehmen, wurde angegeben, sein Tod würde „die Aufrechterhaltung von Recht und Gesetz nicht beeinträchtigen“.

Der Anwalt von Gerard Rice wurde von der Entscheidung des NIO am Dienstag, den 2. November in Kenntnis gesetzt, die Polizei bestätigte letzte Nacht, dass die Akten am 30. Oktober gefunden wurden.

Gerard Rice berichtet über vier Attacken auf seine Wohnung innerhalb der letzten vier Monate. In allen vier Attacken wurden Stahlkugeln mit Katapulten durch die Fenster geschossen. Der Anwalt hat Adam Ingram bei einem gestern stattgefundenen Treffen aufgefordert, die Entscheidung zu revidieren. Gerard Rice beschwerte sich über die Entscheidung und sagte, er sei besorgt über die letzten Anschläge.

Die RUC reagierte auf die Vorwürfe Sinn Fein’s, die Polizei habe nicht schnell genug die Betroffenen informiert und betonte, sie habe „so schnell als Menschen möglich gehandelt“.

Die Vorwürfe wurden erhoben, als ein Brandanschlag auf ein Haus in der Norglen Road im irisch-nationalistischen Stadtteil Turf Lodge in Westbelfast bekannt wurde. Brandstifter hatten um vier Uhr morgens  Benzin durch den Briefschlitz in das Haus geschüttet und entzündet. Drei Familienmitglieder, eines davon ein 18-monatiges Baby, hätten ohne den Alarm eines Feuermelders in den Flammen umkommen können. Auch ihre Adresse war in den Aktenfunden von Stoneyford enthalten.

Mindestens fünf Personen aus den Gebieten Market und Ormeau Road in Belfast wurden gewarnt, dass ihr persönlichen Daten in den Akten enthalten waren. Mindestens eine Person hat keine Verbindung zu einer politischen Organisation. Drei prominente Sinn Fein Mitglieder wurden unterrichtet, dass auch ihre Daten in den Aktenfunden enthalten waren. Der Westbelfaster Abgeordnete Alex Maskey, der Südbelfaster Gemeinderat Sean Hayes und der Gemeinderat   Michael Ferguson von Lisburn Borough werden dazu heute eine Pressekonferenz abhalten.

Sean  Hayes berichtet, dies sei das dritte Mal, dass bekannt wurde, dass Loyalisten vertrauliche persönliche Informationen über ihn zugespielt wurden. Auch seine Wohnung wurde in den letzten Monaten mit Stahlgeschossen attackiert. Ähnliche Anschläge wurden auch auf die Wohnungen der SDLP Stadträte Catherine Molloy und Carmel Hanna verübt, die beide in Südbelfast leben.

Originalartikel in englischer Sprache auf info-nordirland.de: Hit-list Rice was refused NIO help